Kommentare zu: Von der Not der Noten – und ihrem Wert https://condorcet.ch/2023/11/von-der-not-der-noten-und-ihrem-wert/ Bildungsperspektiven Mon, 20 Nov 2023 08:37:41 +0000 hourly 1 Von: Hanspeter Amstutz https://condorcet.ch/2023/11/von-der-not-der-noten-und-ihrem-wert/#comment-1258 Mon, 20 Nov 2023 08:37:41 +0000 https://condorcet.ch/?p=15313#comment-1258 Einmal mehr erstellt Carl Bossard eine überzeugende Auslegeordnung bei einem komplexen Thema. Die populistische Forderung des Schulleiterverbands nach einer Abschaffung der Noten wirkt gegenüber der vorliegenden Analyse wie ein unüberlegter Schnellschuss. Carl Bossard weist in aller Offenheit darauf hin, dass das Dilemma der Doppelfunktion der Noten nicht einfach aus der Welt geschafft werden kann. Noten bilden in der Regel korrekt den Leistungstand eines Schülers ab, dienen aber bei schulischen Übergängen auch der Selektion. Wer Noten abschaffen will, stellt ein wichtiges Element unserer Leistungsgesellschaft infrage.

Lehrkräfte müssen darauf achten, das zentrale Prinzip der Ermutigung beim Lernen nicht durch eine deprimierende Notengebung zu untergraben. Es gilt, als Lehrer stets die schwächeren Schüler im Auge zu behalten und genau zu schauen, wo diese beim Lernprozess gezielte Unterstützung brauchen. Dafür benötigt die Schule weniger Hektik, eine Konzentration auf wesentliche Kompetenzziele und Grundanforderungen, die für praktisch alle erreichbar sind. Bei der gegenwärtigen Verzettelung der Bildungsziele (drei Sprachen in der Primarschule!) fehlt bei vielen Kindern die Überzeugung, den Grundanforderungen in der Schule genügen zu können. Ungenügende Noten sind in der Tat schädlich, wenn sie nicht als Ausgangspunkt für eine Neuorientierung bei Lernprozessen genommen und chronisch werden.

Für mittlere und gute Schüler andererseits hat eine faire Notengebung durchaus eine zusätzliche motivierende Wirkung. Wenn Jugendliche wissen, dass in Prüfungen wie beispielsweise bei Sprachtests eingeübte Grundelemente enthalten sind, fördert dies den Lernwillen. Ein guter Einsatz fliesst auf diese Weise unmittelbar in die Notengebung ein. Ein stärkerer Einbezug des Faktors Fleiss bedeutet keinesfalls, dass die Bewertungen nun weit über die Note fünf hinausschiessen. Schwierigere Aufgaben im letzten Teil einer Prüfung sind Hindernisse, die nur Schüler mit grosser Affinität zu einem Fach überwinden werden. Wer auch diese Hürden nimmt, wird sich über beste Noten ganz sicher freuen.

Eine faire Notengebung bleibt letztlich eine didaktische Herausforderung für jede Lehrperson. Solange jedoch das Vertrauensverhältnis zu den Schülern stimmt und die Anforderungen transparent sind, akzeptieren die allermeisten Jugendlichen eine Leistungsbeurteilung durch Noten.

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Von: Daniel Vuilliomenet https://condorcet.ch/2023/11/von-der-not-der-noten-und-ihrem-wert/#comment-1253 Thu, 16 Nov 2023 07:18:00 +0000 https://condorcet.ch/?p=15313#comment-1253 Treffend analysiert.
Wenn Noten durch Smilies oder Blümchen ersetzt werden, kann man ja auch ablesen, was ausgesagt werden soll. Permanent ein Zwanzigabachti-Smilie zu erhalten, ist genauso wenig toll, wie ständig eine Drei auf der Prüfung. Wobei anzumerken ist, dass solche Symbole auf der Primar-Unterstufe durchaus Sinn machen.
Die Diskussion um Noten und deren Ersetzung durch ggf. andere Symbole ist m. E. ein Scheindisput. Wenn, dann müsste es doch um die Frage gehen “Bewertung ja oder nein”. Die externe Bewertung könnte ersetzt werden durch eine schülerseitige Selbsteinschätzung. Da setze ich allerdings grosse Fragezeichen. Dazusetzen ja – ersetzen nein.
Letztlich geht es doch ganz einfach um den Stolz von modernen Erwachsenen, der es nicht zulassen kann, dass das Designerprodukt Kind durch irgendeinen dahergelaufenen Pädagogen oder eine Pädagogin überhaupt beurteilt wird.
Dass Schulleiter opportunistisch auf diesen Zug aufspringen, wundert mich hingegen nicht…

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Von: Felix Schmutz https://condorcet.ch/2023/11/von-der-not-der-noten-und-ihrem-wert/#comment-1250 Wed, 15 Nov 2023 19:37:45 +0000 https://condorcet.ch/?p=15313#comment-1250 Eine sehr wichtige und willkommene Klarstellung!
1. Wenn die Schule der Selektion ausweicht, übernehmen ausserschulische Institutionen die Aufgabe. Diese stützen sich auf einen einzigen Test, z.B. Multicheck, Standardtests, etc. Die Zeugnisnoten der Schulen hingegen können sich auf die gesamten Leistungen während eines Semesters oder eines Schuljahres berufen.
2. Bei Teenagern sind Noten tatsächlich ein unverzichtbares Motivationsinstrument. Die intrinsische Motivation sackt bei dieser Altersgruppe manchmal ab, wertvolle Lernzeit wird vergeudet, denn der Frontalcortex, der das Verhalten rational steuern sollte, ist noch nicht voll ausgeprägt. Da hilft die extrinsische Motivation der Noten, solche Motivationsflauten zu überwinden. “Für die Note lernen” ist in solchen Fällen besser als “überhaupt nicht lernen”.
3. Selbstredend müssen Noten fair und transparent erteilt werden. Ist das der Fall, werden sie in aller Regel akzeptiert und bilden eine einfache und wirksame Orientierungshilfe.
4. Seltsam: Noch nie habe ich gehört, dass im Sport, wo die Leistung absurderweise in Zehntelssekunden gemessen wird, irgendjemand auf die Idee gekommen wäre, die Punktevergabe abzuschaffen.

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Von: Urs Kalberer https://condorcet.ch/2023/11/von-der-not-der-noten-und-ihrem-wert/#comment-1248 Wed, 15 Nov 2023 18:59:01 +0000 https://condorcet.ch/?p=15313#comment-1248 “Noten trügen kaum zur Bildungsgerechtigkeit bei und bezögen sich nicht auf den individuellen Lernfortschritt, sondern einzig auf den Klassendurchschnitt.” – Dieses Argument wird oft gegen die Noten in die Diskussion geworfen. Dabei wird unterschlagen, dass es sehr wohl möglich ist, die Noten anhand klar definierter Kriterien zu verteilen – z.B. Was muss man können, um genügend zu sein? Somit orientiert sich eine Schülerleistung nicht an den Punktzahlen der Klasse. Ausserdem lässt sich die Bewertung mit den Noten vergangener Jahre vergleichen.

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