Kommentare zu: Plädoyer für ein eigenständiges Fach Geschichte https://condorcet.ch/2020/05/plaedoyer-fuer-ein-eigenstaendiges-fach-geschichte/ Bildungsperspektiven Sat, 30 May 2020 16:05:01 +0000 hourly 1 Von: Amstutz Hanspeter https://condorcet.ch/2020/05/plaedoyer-fuer-ein-eigenstaendiges-fach-geschichte/#comment-258 Sat, 30 May 2020 16:05:01 +0000 https://condorcet.ch/?p=5158#comment-258 Das Fach Geschichte braucht einen kräftigen Anschub

Im stark beladenen Sammelfach RZG lässt sich vermutlich besser kaschieren, dass für den Bereich Geschichte gerade einmal eine Wochenstunde übrig bleibt. Doch wie konnte das überhaupt passieren, dass ein für eine lebendige Demokratie grundlegendes Fach beim neuen Lehrplan zwischen Stuhl und Bank gefallen ist?

Ungewollt zum Niedergang beigetragen hat eine didaktisch verunsicherte Lehrerschaft, die stark zögerte, sich für das Fach einzusetzen, weil geschichtlicher Stoff oft zu viel Stallgeruch des Nationalen hatte und die vorgeschlagenen Alternativen bei den Schülern nicht richtig ankamen. Das Fach aber lebt von spannenden Geschichten, die den Jugendlichen erlauben, sich in den Zeitgeist einer Epoche zu versetzen. Leider hat der Wechsel von den alten Heldengeschichten zu ganz realen Dramen mit gesellschaftlicher Relevanz erst zögerlich begonnen. Stattdessen langweilen sich viele Schüler bei langen Analysen und akademischen Fragestellungen.

Gute Geschichtslektionen sind von der Vorbereitung her gesehen aufwändig, doch der tiefe aktuelle Stellenwert des Fachs und die niedrige Lektionenzahl machen ein grosses Engagement fragwürdig. In keinem nationalen oder internationalen Schultest werden geschichtliche Fachkenntnisse überprüft. Das Fach ist für die Bildungsforschung uninteressant, weil der messbare Bereich wenig ergiebig ist. Das ist aber keine Entschuldigung, um den Geschichtsunterricht dermassen abzuwerten.

Das Fach braucht eine Lobby, um aus dem Schattendasein herauszukommen. Gefordert sind Politikerinnen und Politiker, die an einer geschichtlichen und politischen Grundbildung unserer Jugend interessiert sein müssten. Auch den professionellen Historikern kann es nicht gleichgültig sein, wenn ein grosser Teil unserer Jugend über unsere Vergangenheit nur noch bruchstückhaft im Bild ist. Mit der Diskussion um das Stimmrechtsalter 16 ist die Gelegenheit günstig, um den aktuellen Geschichtsunterricht in der Volksschule in den Fokus zu rücken. Ein kräftiger Anschub von aussen könnte helfen, den festgefahrenen Karren wieder in Fahrt zu bringen.

]]>