Kommentare zu: Kinder brauchen Geschichten https://condorcet.ch/2019/12/kinder-brauchen-geschichten/ Bildungsperspektiven Mon, 30 Dec 2019 14:29:56 +0000 hourly 1 Von: Amstutz Hanspeter https://condorcet.ch/2019/12/kinder-brauchen-geschichten/#comment-180 Mon, 30 Dec 2019 14:29:56 +0000 https://condorcet.ch/?p=3497#comment-180 Wenn Kinder von klein auf Geschichten hören und intensiv aufnehmen, erwerben sie sich die nötige Offenheit für die spätere Freude am Lesen.

Doch wie steht es mit der Erzählkunst in Kindergarten und Schule? Vor allem in der Schule scheint der Musse für spannende Erzählungen und fürs Vorlesen nur noch wenig Zeit eingeräumt zu werden. Was nicht direkt messbar ist, gilt als irrelevant für den Schulerfolg. Doch ein ungestillter Hunger nach Geschichten bleibt nicht ohne Folgen. Narrative Magerkost hinterlässt bei Kindern emotionale und begriffliche Lücken, die sich auf die Entwicklung der Imagination und das Lesenlernen spürbar auswirken.

Carl Bossard beschreibt in grossartiger Weise, was eine starke Erzählerin bei Kindern auslösen kann, wenn sie mit Mimik, Tonfall und Begeisterung eine Geschichte zum Erlebnis macht. Kinder, die über einen Schatz an grösseren und kleineren Geschichten verfügen, sind viel eher bereit, sich auf das Abenteuer Lesen einzulassen. Ihre geweckte Neugier und ihr erweiterter Wortschatz schaffen beste Voraussetzungen für gelingendes Lesen. Der innere Antrieb, mit der Zeit auch längere Texte lesen zu können, ist bei diesen Kindern stark ausgebildet. Was für ein Unterschied zu Schülern, die im intensiven Zuhören wenig geübt sind und später oft nur Kurzbotschaften lesen und aufnehmen können!

Kinder, die es gewohnt sind, während des Zuhörens innere Bilder zu entwickeln, bauen sich eine starke eigene Vorstellungswelt auf. Es bilden sich Begriffe, die gefüllt sind mit Leben. Gewisse Wörter bekommen geradezu eine Signalfunktion fürs Leseverstehen. Richtiges Lesen gelingt am besten im Zustand der bereichernden Musse. Beim aufmerksamen Lesen werden Kinder das bisherige Gelernte mit der neuen Situation im Text verbinden. Dieser Vorgang ist der eigentliche Kern des Bildungsaufbaus.

Die Forderung, Lehrer besser als Erzähler auszubilden, mag antiquiert tönen. Eltern und manche Lehrpersonen schauen zurzeit gebannt auf erfolgversprechende Programme des frühen digitalen Lernens. Doch die Frage lautet, ob nicht die anregende Wirkung einer lebendigen Erzählkunst weit mehr an Kreativität bei der Jugend auslöst als frühe Investitionen in die Digitalisierung. Eigentlich müsste man nur die Kinder fragen.

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Von: Peter Aebersold https://condorcet.ch/2019/12/kinder-brauchen-geschichten/#comment-179 Sun, 29 Dec 2019 10:32:51 +0000 https://condorcet.ch/?p=3497#comment-179 Bereits 1931 gab es eine breite Bewegung (Schweizerischer Schriftsteller-Verband, Schweizerischer Lehrerverein usw.), um die Leselust zu fördern, die nachhaltige Leseförderung in den Schulen zu unterstützen, die Schüler zum Bücherlesen zu animieren, Phantasie und Kreativität anzuregen und ein breites Wissen zu vermitteln. Gleichzeitig wollte man die Werke von Schweizer Autoren und Illustratoren der Jugend zugänglich machen.

Damals kämpfte man nicht gegen das Smartphone (bei dem man allerdings auch lesen können muss) sondern gegen die aufkommende „Schundliteratur“ und den Mangel an altersgerechten auf die verschiedenen Schulstufen ausgerichteten Literatur zu aktuellen Themen (Erstlesetexte zum Vorlesen, Erzählen oder Selberlesen, Texte für die Mittelstufe mit Sachheften zu diversen Themen, aber auch Krimis, Hexen- und Gespenstergeschichten und Sachhefte für die Oberstufe).

Das von Carl Bossard erwähnte SJW-Heft „Nur der Ruedi“ der bekannten Schweizer Jugenschriftstellerin Elisabeth Müller war eines der ersten (Heft Nr. 7). Bisher wurden über 2600 Titel in allen vier Landessprachen und teilweise in Blindenschrift herausgegeben, jährlich werden rund 170‘000 SJW-Hefte verkauft, seit 1932 über 50 Millionen.

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Schweizerisches_Jugendschriftenwerk

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